„Frauen in der digitalen Zukunft der Medizin und Gesundheitswirtschaft“: Denkanstöße und Good Practices
Das Buch „Frauen in der digitalen Zukunft der Medizin und Gesundheitswirtschaft“ zeigt in einer bisher einmaligen Breite auf, wo es auch heute noch in puncto Chancengleichheit im Gesundheitswesen hakt – und wie Lösungen aussehen.
Von Hendrik Bensch
Es ist ein Buch, das es eigentlich gar nicht geben sollte in einer fortschrittlichen Gesellschaft. Chancengleichheit unter Frauen und Männern – haben wir die denn auch im Jahr 2021 noch immer nicht erreicht? Werden Frauen im Gesundheitswesen in der Forschung, Versorgung, Industrie oder bei Gründungen noch immer nicht so behandelt wie ihre männlichen Kollegen? Wer anhand eigener Erfahrungen aus dem Berufsalltag an der Chancengleichheit gezweifelt hat, der darf sich anhand der zahlreichen Belege im Buch „Frauen in der digitalen Zukunft der Medizin und Gesundheitswirtschaft“ bestätigt sehen. Ob bei der Bezahlung, beim Anteil von Frauen in Führungspositionen oder den Finanzierungschancen für Gründerinnen: Überall klafft noch immer eine Gerechtigkeitslücke. „Frauenspezifische Arbeitsumgebung bedeutet heutzutage in Deutschland leider wenig („Spitzen“-)Karrieren und weniger Bezahlung“, so fassen es die Herausgeberinnen Prof. Dr. Sylvia Thun und Jana Aulenkamp sowie der Herausgeber Prof. Dr. Stefan Heinemann zusammen.
Mit dem Buch wollen sie aber nicht nur die zahlreichen Probleme aufzeigen. In den Beiträgen dieses Kompendiums geht der Blick vor allem lösungsorientiert nach vorn: Denkanstöße und Good Practices aus Forschung, Klinikwesen und der Start-up-Szene zeigen auf, woran gearbeitet werden müsste und wie Lösungen aussehen. Und das in einer im deutschsprachigen Raum bisher einmaligen Breite. Weit über 40 Beiträge auf insgesamt fast 500 Seiten – insbesondere von Autorinnen, aber auch Autoren – gehen das Thema mit Blick auf Forschung, Praxis und systemische Fragen an. Die Texte stammen beispielsweise von der ehemaligen Leiterin der Innovationsabteilung der BARMER, Dr. Regina Vetters; der Dermatologin und Gründerin des Start-ups Dermanostic, Dr. med. Alice Martin; der Professorin für geschlechtersensible Medizin an der Radboud-Universität in Nimwegen, Prof. Dr. Sabine Oertelt-Prigioneund dem Vorstandsvorsitzenden der SBK Siemens-Betriebskrankenkasse, Dr. Hans Unterhuber.
Was das Kompendium so lesenswert macht, sind aber nicht nur die pointierten Analysen, sondern auch die zahlreichen sehr persönlichen Beiträge. „Ich bekam ein Kind und mein Mann einen Computer“, so beschreibt Dr. med. Ruth Hecker, heutige Chief Patient Safety Officer am Universitätsklinikum Essen, ihre Situation gegen Ende ihres Studiums. Auch bei diesen Artikeln aus persönlicher Perspektive zeigen die Autorinnen und Autoren aber nicht nur die Hürden auf, sondern auch, wie sich diese überwinden lassen. Mit den Beschreibungen ihrer Lebens- und Karrierewege liefern sie Impulse für jüngere Frauen – als Role Models in einem Gesundheitswesen, das sich auch dank dieses Buches hoffentlich bald verändern wird.